WETTBEWERB PHYSIKINSTITUT ADLERSHOF/BERLIN

Aus dem Ausschreibungstext zu dem Wettbewerb für das Institut für Physik der Humboldt-Universität in Berlin-Adlershof (Nov. 1997) lässt sich eine Entwurfsaufgabe herausarbeiten, die aus einem Konglomerat mehrerer Programme besteht, von denen hier nur drei herausgegriffen werden: (1) das Innenraum-Programm, (2) das Städtebau-Programm und (3) das Freiraum-Programm. Alle drei Programme sollen bei dem Entwurf berücksichtigt werden. Diese Ausgangssituation soll im folgenden benutzt werden, um an dem Entwurf anschaulich zu zeigen,  wie als ein Programm dienen kann, eine Vielzahl anderer Programme im Entwurfsprozess zu steuern. Dieser Entwurf soll als Folie dienen für die Fragestellung nach dem Verhältnis von Programm und Entwurf, d.h. nach der programmierten Form. Diese Frage wird erst akut in dem Augenblick, in dem das Programm so groß und komplex wird oder so viele verschiedene Programme berücksichtigt werden müssen, daß es nicht mehr in einer sinnhaften Form ausgedrückt werden kann. Es stellt sich also genauer die Frage, wie komplexe Programme konkret koordiniert werden können, wie der Architekt sich im bewegt.

Ausschnitt aus: Andy Warhol, Twenty-Five Colored Marylins, 1962

Wir haben es hier mit einem Problem der Moderne zu tun, denn erst die funktionale Ausdifferenzierung  der Gesellschaft in einzelne Systeme wie dem Wirtschaftssystem, dem Rechtssystem oder dem Kunstsystem haben zu einer Differenzierung von verschiedenen Programmen geführt.  Pop Art hat sich in den 60er Jahren auf dieses Phänomen eingelassen. Pop Art hat sich Programme gesetzt, die ermöglichten, mit Programmen anderer Systeme, z.B. dem Wirtschaftssystem, zu arbeiten. Durch zum Wirtschaftssystem analoge Produktionstechniken wie der Massenproduktion, Serienfertigung, Mechanisierung konnten im Kunstwerk die Strukturen dieser Systeme anschaulich abgebildet werden. Ursprünglich kunstsystemfremde Programme werden nicht avantgardistisch negiert, sondern affirmativ aufgenommen. Pop Art geht in die Programme hinein, lässt sich auf die Programme ein, durchforstet sie, nistet sich in Ihnen ein, um an sich selbst diese Strukturen sinnlich aufscheinen zu lassen. Keiner konnte sich wohl besser in solchen Systemen bewegen als .  Die Kunst Andy Warhols lag darin, in und mit diesen Systemen zu surfen, also deren Struktur zu durchschauen  und dennoch nicht von Ihnen verschluckt zu werden. Denn letztlich müssen sich die Arbeiten als Kunstwerke bewähren und nicht als Gebrauchsgegenstände oder Designobjekte.