Stufenbau von Medium/Form-Verhältnissen

Wie man oben gesehen hat, sind Elemente ihrerseits auch immer Formen in einem anderen Medium, d.h. Medien werden aus immer schon geformten Elementen gebildet. Dieser Sachverhalt ist auch an der Architektur sehr plastisch zu erkennen, denn die Elemente der Architektur, die Abschirmungen, sind selbst natürlich schon Formen, nämlich Formen im Medium der Räumlichkeit. Diese Feststellung hat zwei Konsequenzen: Erstens, wenn das Medium der Architektur die Abschirmung und der Raum nur das Medium des Mediums  ist, erreicht man über eine binäre Codierung das Gegensatzpaar Schließung/Öffnung, welches man bei dem Raum nicht erreicht hätte. Im Medium der Räumlichkeit existiert noch gar nicht die Möglichkeit der Öffnung: " Erst in der Abschirmung im Sinne einer Schließung, die dann, im negierenden Rückschluss, auch die Öffnung greifbar macht, ist der Architektur Räumlichkeit zugänglich und verfügbar"(Baecker,S.94). Zweitens, mit der Distanzierung des Raumes zum Medium des Mediums der Architektur ist eine Freisetzung der möglichen Abschirmungen, Schließungen und Öffnungen von eigener Räumlichkeit gewonnen: " Auch ein Schatten, auch eine gedachte Linie, auch ein unbestimmtes oder bestimmtes Gefühl der Beengung oder eine Korrespondenz zwischen zwei Punkten im Raum kann bereits als eine Abschirmung fungieren, der architektonischer Wert zukommt"(Baecker,1990,S.95). 

Aber auch in die andere Richtung kann dieser Stufenbau von Medium/Form-Verhältnissen erweitert werden. Dann ist die Architektur das Medium, aus dem die Form "Stadt" gebildet wird, d.h. die Architektur stellt die einzelnen losen Elemente zur Verfügung, die zu der Form Stadt fest gekoppelt werden. Alberti drückte dies Beziehung mit dem Ausspruch vom "Haus als kleine Stadt" aus und Aldo Rossi nannte es kurz "Die Architektur der Stadt". Beide jedoch gehen von einem einheitlichen Bild und einem einheitlichen Ordnungssystem von Stadt aus. Der Polykontexturalität der heutigen Städte wird dieser holistische Ansatz nicht mehr gerecht, und es wäre sinnvoll in dem Stufenmodell zwischen dem einzelnen Haus und der Gesamtheit Stadt eine weitere Ebene einzuführen: Das STADTORNAMENT.

Das Stadtornament

Das STADTORNAMENT bezeichnet dann eine - sinnlich überschaubare - feste Kopplung von Stadtelementen, den Häusern. Der Begriff ermöglicht es, die Gesamtheit Stadt in sinnlich fassbare Teile zu gliedern, die für sich selbst ästhetisch abgeschlossene Einheiten bilden. Jedes STADTORNAMENT bildet dann ein autopoietisches System und als Form sind solche Stadtornamente auf der nächst höheren Ebene des Stufenmodells die Elemente für die Gesamtstadt - die ich nun entsprechend mit ORNAMENTSTADT bezeichnen will. 

Die Ornamentstadt

Der Begriff ORNAMENTSTADT versucht dabei der Polykontexturalität der heutigen Stadt gerecht zu werden, ohne jedoch auf einen Ordnungszusammenhang völlig zu verzichten. Diese Ordnung wird wie in einem Ornament heterarchisch, d.h. eine Nachbarschaftsordnung sein. Wie jede Stelle in einem Ornament sich direkt auf ihre vorhergehende Stelle bezieht und die Anknüpfungspunkte für die ihr nachfolgende Stelle bereitstellt, dabei aber alle vorhergehenden Stellen damit einbezieht, so stellt auch das Stadtornament mit den angrenzenden Stadtornamenten eine  Nachbarschaftsordnung und somit die ORNAMENTSTADT her.