Die Trennung von Natur und Gesellschaft nimmt er zum Anlass, verschiedene Begriffe zuzuordnen und gegenüberzustellen. Die folgende Grafik soll dies verdeutlichen:

NATUR                              GESELLSCHAFT

 

ROMANTIKER                       RATIONALIST

 

KONSEQUENTER                     FORMALIST
FUNKTIONALIST 

 

GROTESK                          SCHEMATISCH

Der Romantiker geht aus von dem Gefühl einer Einheit mit der Natur. Indem der konsequente Funktionalist versucht, förmlich naturhaft eine Gebäude zu entwickeln, ist er ein Vertreter des romantischen Typs. Der Rationalist nimmt die besondere Verfasstheit der Gesellschaft als Basis für sein Entwerfen, erstarrt aber als konsequenter Rationalist schnell zu einem Formalisten. Läuft der Funktionalismus Gefahr, sich zum Grotesken zuzuspitzen, so der Rationalismus, sich zu einem Schema abzuplatten.

Adolf Behne versucht, die Gegenüberstellung von Funktionalist und Rationalist mit dem Begriffspaar "Werkzeug/Spielzeug" plastisch darzustellen: "Während der Funktionalist das Haus zum Werkzeug machen will, sieht es der Rationalist (was nur zunächst überrascht) mit gleicher Bestimmtheit als Spielzeug!" (S.55). Das Haus ist aber ebenso sehr Spielzeug wie Werkzeug. Es ist Werkzeug, indem es schon ursprünglich gegen Kälte, Tiere und Feinde schützte, aber indem es über das streng Notwendige hinaus ebenmäßig und schön geformt, bemalt oder mit Ornamenten geschmückt wurde, ist es auch ein Spielzeug: "Der Spieltrieb war es, der das Interesse an der Form schuf" (S.11).

Dabei bezeichnet Adolf Behne sogar den Spielzeugcharakter als das absolute Element und den Werkzeugcharakter als das relative Element: "Die Rücksicht auf die Form überwältigte die Rücksicht auf den Zweck" (S.11) und "Der Charakter als Werkzeug macht den Bau zu einem Relativum. Der Charakter als Spielzeug macht ihn zu einem Absolutum. Zwischen beiden Spannungen muss sich der Bau im Gleichgewicht halten" (S.11).

Der Begriff der "Form" ist bei Adolf Behne von großer Wichtigkeit, da in ihm das Gesellschaftliche, das Kollektive zur Anschauung gebracht wird: "Nichts ist selbstverständlicher, als daß der Rationalist die Form betont. Form ist nichts anderes als Konsequenz der Inbeziehungsetzung von Mensch zu Mensch. 

Für das Einzelne, Einzige in der Natur existiert kein Problem der Form. Das Einzelne, auch das Einzelne in der Natur, ist frei. Das Problem der Form erhebt sich dort, wo ein Zusammen gefordert wird. Form ist die Voraussetzung, unter der ein Zusammen möglich wird. Form ist eine eminent soziale Angelegenheit. Wer das Recht der Gesellschaft anerkennt, anerkennt das Recht der Form" (S.59).

Da sich später Aldo Rossi in seinem Nachwort zur deutschen Ausgabe seiner "Architektur der Stadt" auch auf diese und folgende Textstelle bezieht und sie auch auf das Verhältnis von Einzelnen und Ganzen, d.h. von Haus und Stadt komprimiert ein Schlaglicht wirft, seien hier die folgenden zwei Absätze zitiert: 

"Wäre die Menschheit nur eine Und-Summe von Individuen, so wäre es wohl möglich, das Haus als reines Werkzeug, rein funktional aufzufassen. Für den der in der Menschheit eine Gestalt sieht, ein in Raum und Zeit gegliedertes Gebilde, treten an das Haus formale Forderungen heran – wobei ja "formal" nicht zu verwechseln ist mit "dekorativ". Ist jeder Bau Teil eines gebauten Ganzen, so erkennt er bestimmte, allgemeingültige Regeln an – Regeln, die nicht aus seinem individuellen Zweckcharakter folgen, sondern aus den Ansprüchen dieses Ganzen – aus ästhetischen, formalen Ansprüchen.