Es geht Sitte um die Lesbarkeit des Stadtraumes als Raum und um die Stellung des Objektes im Raum - der "Beziehung zwischen Bauten, Monumenten und Plätzen" (Sitte 1889,S.13). Dabei fordert Sitte eindringlich, die Mitte freizuhalten, wie es die Alten getan haben und kritisiert damit den "Freilegungswahn" als eine förmliche Modekrankheit. Seine These, daß Monumente und Brunnen genauso wie Gebäude, besonders Kirchen, auf den toten Punkten des Platzverkehrs aufzustellen seien und damit die Mitte freigehalten werden könne, versucht er empirisch zu belegen:

Das Ergebnis ist in der Tat überraschend, denn unter 255 Kirchen sind:
an einer Seite  angebaut.. 41 Kirchen
 > zwei Seiten      >     ..  96     >
 > drei   >           >     ..110    >
 > vier   >      verbaut....    2    >
freistehend.....................    6    >
zusammen.....................255 Kirchen

Ein freigelegtes Bauwerk in der Mitte bleibt für Sitte "ewig eine Torte am Präsentierteller" (Sitte 1889,S.33).

Große Beachtung findet bei Sitte die Wirkung der Geschlossenheit. Während Alberti versuchte, der geschlossenen Hauswand eine offene Wirkung durch vorgetäuschte Portiken zu verleihen, versucht Sitte, eine geschlossene Wirkung von Straßen und Platzanlagen zu erreichen. Auch bei der Behandlung des Themas "Die Geschlossenheit der Plätze" (Kapitel III) trifft man auf Alberti: "... aber so wie es möblierte Zimmer und auch leere gibt, so könnte man von eingerichteten und noch uneingerichteten Plätzen reden, die Hauptbedingung dazu ist aber beim Platz wie beim Zimmer die Geschlossenheit des Raumes" (Sitte 1889,S.38).

Um das "Zusammenhalten des Bildes" zu erreichen, ist es notwendig, die Straßeneinmündungen in den Platz nach "Art von Turbinenarmen" so zu platzieren, daß von jeder Stelle des Platzes aus gleichzeitig höchstens nur ein einziger Ausblick aus dem Platz hinaus vorhanden ist. Weitere Hilfsmittel zum Abschließen von Plätzen, die im modernen Städtebau nicht mehr benutzt werden, sind der Torbogen und die Säulenhalle.

Immer wieder betont Sitte den Primat der Wirkung, wobei eine malerische Wirkung die anstrebenswerte sei. Dieser Wirkung kommen die alten unregelmäßigen Plätze näher. Sie sind für die Wahrnehmung interessanter, da man geneigt ist, die "Unebenheiten der Natur im Sinne genauer Regelmäßigkeit zu idealisieren" (Sitte 1889,S.59) und auch Platzproportionen sind nur in der Art und Weise entscheidend, wie sie auf unsere Sinne wirken: "Was endlich das Verhältnis der Länge zur Breite eines Platzes betrifft, so muss auch das als sehr unsicher bezeichnet werden. Eine Normierung dürfte auch von geringerem Werte sein, weil hier alles auf die Perspektivwirkung in der Natur ankommt, und durchaus nicht darauf, wie ein Platz am Plane sich ausnimmt" (Sitte 1889,S.55). Dass aber die malerische Wirkung in einem inneren Widerstreit zum Praktischen des modernen Städtebaus steht, ist für Sitte das augenscheinlichste Problem: "Der innere Widerstreit zwischen dem Malerischen und Praktischen kann nicht weggeredet werden; er besteht und wird immer bestehen als ein in der Natur der Sache selbst Gegebenes" (Sitte 1889,S.122).