DIE POST-ARCHITEKTONISCHE STADT - ROBERT VENTURI

Obwohl Venturi sein Buch "Komplexität und Widerspruch in der Architektur" zeitgleich mit Rossis "Die Architektur der Stadt" 1966 veröffentlichte, zeigen sich doch in der Arbeitsweise eher mit Colin Rowe und Fred Koetter Ähnlichkeiten, die ja erst 1978 - sechs Jahre nach Venturis zweiter großer Veröffentlichung zusammen mit Scott Brown und Izenour "Lernen von Las Vegas - Zur Ikonographie und Architektursymbolik der Geschäftsstadt" - "Collage City" veröffentlicht haben.

Beide - sowohl Venturi als auch Rowe/Koetter - vertreten eine pluralistische und antimonistische Sichtweise. Beide verspüren die "Verpflichtung auf das schwierige Ganze", eine Verpflichtung, die sich auch bei Alberti in seinem concinnitas-Konzept wiederfindet. Beide sind anti-utopisch und teilen nicht den ungebrochenen Fortschtrittsglauben und die Verheißungen der Moderne. Sie beziehen sich beide bei der Argumentation auf die Spätrenaissance, wobei die Argumentation v.a. bildlich und in Gegenüberstellungen durchgeführt wird. Beide sind sich einig in der Überbewertung des Raumes und des Objektes in der modernen Architektur, und beide reden von der "Krise des Objektes".

Die Krise des Objektes besteht bei Venturi darin, daß die Körpersprache der modernen Architektur nicht mehr in einer Welt verstanden werden kann, die nur mehr durch Zeichen organisiert und kommuniziert wird. Durch die einseitige Bevorzugung der Kategorie "Raum" und der Entledigung "einer ikonographischen Tradition, in der Malerei, Bildhauerei und Graphik in und zusammen mit der Architektur wirkten" (Las Vegas, S.17), ist der modernen Architektur ihre Zeichenhaftigkeit und ihr symbolischer Gehalt abhanden gekommen. Die moderne Architektur war schließlich nur noch Zeichen ihrer selbst: "Die Bedeutung sollte nur durch die ureigene physiognomische Charakteristik der Form mitgeteilt werden. Die Schöpfung architektonischer Form sollte ein in sich logischer Prozess sein, unbeeinflusst von den Bildungen vergangener Erfahrungen, bestimmt durch die Setzungen des und der Konstruktion" (Las Vegas, S.18). Venturi ist jedoch ganz wie Rossi der festen Überzeugung, "daß die Wahrnehmung und ebenso der Entwurf von Architektur auf vorhergegangene Erfahrung und daraus gespeiste Assoziationen angewiesen sind, ferner, daß diese symbolischen, Anderes repräsentierenden Elemente oftmals der Form, Konstruktion und Nutzung widersprechen, mit denen sie am gleichen Gebäude zusammentreffen" (Las Vegas, S.104).

Diesen Widersprüchen geht Venturi in den beiden wichtigsten Erscheinungsformen nach:

Da, wo die architektonische Dimension von Raum, Konstruktion und Nutzung durch eine alles zudeckende symbolische Gestalt in ihrer Eigenständigkeit aufgelöst und bis zur Unkenntlichkeit verändert werden und das Haus zu einer Skulptur wird, spricht Venturi von der "Ente".

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Da, wo Raum und Struktur direkt in den Dienst der Nutzung gestellt und Verzierungen ganz unabhängig davon nur noch äußerlich angefügt werden, spricht Venturi vom "dekorierten Schuppen".

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