Das Ornament in der Systemtheorie Luhmanns

Die Bezeichnung "Ornamentales Entwerfen" knüpft an den Begriff des Ornaments an, wie er von Niklas Luhmann in seinem Buch "Die Kunst der Gesellschaft" verwendet worden ist. Dort wird das Ornament ganz fundamental als die Grundform des Entwickelns von Formen aus Formen verstanden. Es soll also weder die Bedeutung des Ornaments als Ausdruck der Perfektion der geschaffenen Welt, die es bis zur Frührenaissance innehatte, noch soll die Bedeutung des Ornaments als Unterscheidung von der natürlichen Schönheit als Schmuck und Verzierung, die ihm seit der Renaissance zugesprochen wurde, in Anspruch genommen werden. Auch muss uns an dieser Stelle nicht die aus der Systemtheorie selbst hergeleitete Bedeutung des Ornaments als preadaptive advance für das Kunstsystem interessieren. Ornamente als Grundform des Entwickelns von Formen aus Formen sind in diesem Sinne Rekursionen, Rückgriffe und Vorgriffe, die sich als solche fortsetzen. Sie lassen die Einheit von Redundanz und Varietät erscheinen. Dabei werden die Übergänge unkenntlich gemacht, zumindest nicht als Brüche betont, denn jede Stelle im Ornament ist zugleich die andere einer anderen. Immer ist der laufende Anschluss das Prinzip. Das Ornament erzeugt seinen eigenen imaginären Raum durch eine laufende Verwandlung von Formgrenzen in mehrdeutige Übergänge. Dabei liegt in der Sequenz von Operationen immer schon ein

Trend zur "Morphogenese". Von hier aus gesehen wird die erreichbare Formenkomplexität des Ornaments zu einer wichtigen, ja zur entscheidenden Variable. Die jeweils andere Seite jeder Form erfordert Entscheidungen über Formen mit erneut anderen Seiten, so dass es zum Problem wird, wie viel Verschiedenheit noch durch rückläufige Stimmigkeit eingezogen und kontrolliert werden kann.

 

Bandverflechtung aus dem Evangeliar von Lindisfarne, Northumberland, England. Um 698 v. Chr.

 

Die Ornamentalität des Entwurfsprozesses

Betrachtet man die Einheit des Entwurfes als Entwurfsprozess, so kann er nur ontogenetisch gedacht werden. Der Entwurfsprozess besteht so aus einer zeitlich irreversible Ereignis-Sequenz, deren einzelnen Ereignisse Beobachtungen sind. Der Ereignisbegriff bezeichnet dabei ganz allgemein die zeitliche Qualität der Elemente sinnkonstituierender Systeme, in diesem Fall der Beobachtungen. Beobachtungen sind keine dauerhaften Zustände, sondern Ereignisse ohne Dauer. Unter einem Prozess versteht man jedoch kein einfaches Nacheinander von Ereignissen, sondern ein Prozess ordnet die Ereignisse in Sequenzen dergestalt, daß die schon realisierten und die erwarteten Selektionen als Voraussetzungen der im Moment zu realisierenden Selektion fungieren. Heinz von Foerster würde hier von einer "nicht-trivialen" Maschine sprechen, die immer ihren output als neuen input verwendet. Die Herstellungshandlungen eines Entwurfes müssen sequentiell erfolgen und sich rekursiv orientieren an dem, was bereits entschieden ist, und an dem, was damit an Möglichkeiten erschlossen und eingeschränkt ist. Um einen methodischen Zugriff auf die unzähligen Entwurfsbeobachtungen sicherzustellen, erscheint es sinnvoll, sie drei Entwurfsprozessabschnitten zuzuordnen: (1) der Entwurfsaufgabe, (2) der Entwurfsstrategie und (3) der Entwurfsdarstellung. Dabei markiert die Entwurfsaufgabe ein Problem der Architektur und die Entwurfsstrategie bildet den Beobachtungspunkt, von dem aus das Problem