beobachtet wird. Die Entwurfsdarstellung schließlich ist die letzte aus der Entwurfsstrategie hervorgegangene, materialisierte Entwurfsbeobachtung. Ihr sind also schon immer der gesamte Entwurfsprozess, die Beobachtungssequenz, eingeschrieben.

 

 

Die Entwurfsstrategie als Programm

Entwurfsstrategien sind notwendig, damit sich der Entwerfende im sinnvoll bewegen kann. Die Entwurfsstrategie ist in diesem Sinne ein Programm, das dem Entwerfenden Kriterien an die Hand gibt, zu entscheiden, in welche Richtung er im Labyrinth weitergehen wird, wenn er an eine Gabelung gelangt. Nach der obigen Konstruktion des Entwurfsprozesses, steht aber die Entwurfsstrategie in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Entwurfsaufgabe. 

Dies bedeutet, daß die Entwurfsstrategie nicht völlig beliebig vom Entwerfenden gewählt werden kann, oder anders formuliert: Der Entwerfende steht mit seiner Entwurfsstrategie schon immer im Labyrinth. Sie ermöglicht es ihm nicht, außerhalb des Labyrinths einen Beobachtungspunkt einzunehmen, von dem aus er das ganze Labyrinth übersehen könnte. So unmöglich es ist, die Welt als Einheit zu beobachten, ist es dem Entwerfer unmöglich, das Labyrinth als Einheit zu beobachten. Entwurfsstrategien sind in diesem Sinne nur methodische Hilfsmittel zur Komplexitätsreduktion. Indem die Entwurfsstrategie sich zwischen Entwurfsaufgabe und Entwurfsdarstellung stellt, verhindert sie jeden direkten Zugriff der Entwurfsaufgabe auf die Entwurfsdarstellung im Sinne der Funktionalismusdoktrin "form follows function". Alles, was im Entwurfsprozess beobachtet wird, wird durch die Entwurfsstrategie  hindurch beobachtet. Die Entwurfsstrategie stellt also die Autonomität des Entwurfes sicher, oder anders formuliert: Jeder Entwurf ist das Ergebnis seiner Entwurfsstrategie. Da jedoch die Entwurfsstrategie in systemtheoretischer Terminologie als Programm des Entwurfes bezeichnet wird, kann man beim Entwurfsprozess von einer Selbstprogrammierung sprechen.

Ornamentales Entwerfen als Meta-Entwurfsstrategie

Wenn aber die Entwurfsstrategie in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis zur Entwurfsaufgabe steht, bedeutet dies, daß die Anwendung einer bestimmten Entwurfsstrategie für eine Entwurfsaufgabe sinnvoller erscheint als die Anwendung einer anderen. Dann ist es aber notwendig, Entwurfsstrategien als ein plastisches Medium zu begreifen, in dem nicht-beliebig (!) gewechselt werden kann. Ornamentales Entwerfen als Meta-Entwurfsstrategie zielt genau auf diese Plastizität. Sie fordert dazu auf, immer wieder von neuem zu einer Entwurfsaufgabe eine passende Entwurfsstrategie zu suchen. Der Architekt muss also die Fähigkeit besitzen, verschiedene Entwurfsstrategien anwenden zu können. Für die Architektenausbildung würde dies bedeuten, den Studenten Fertigkeiten in der Handhabung von Entwurfsstrategien zu vermitteln. Konsequent durchgeführt bedeutet dies den Verzicht auf  das Ausbilden einer  "Handschrift des Architekten" zugunsten vieler Handschriften. Entwurfsstrategien als plastisches Medium zu verstehen und zwischen ihnen wechseln zu können ist nicht gleichzusetzen mit der Unfähigkeit, zu einem Urteil zu kommen.

Methode zur Produktion von Flecht- und Knotenmuster aus der piktischen Kunst. Schottland. 8. Jh. n. Chr.