ORNAMENTALES
ENTWERFEN als Produktions- und Rezeptionsstrategie
Versucht
man nun diese systemtheoretische Betrachtung des Kunstwerks auf das
Bauwerk zu transformieren, ist es notwendig einige architektonische Entwurfsstrategien, z.B. minimalistische Strategien (Herzog&deMeuron,
Diener&Diener, Zumthor), infrastrukturalistische Strategien
(Koolhaas) oder dekonstruktivistische Strategien (Liebeskind, Tschumi,
Eisenman), vor genau diesem
systemtheoretischen Hintergrund und dieser Begrifflichkeit zu analysieren: (1) was sind
Entwurfsstrategien, (2) wer wendet sie wie an und (3) wie kann man
Entwurfsstrategien als plastisches Medium begreifen? Dabei wird sich
dann auch die Frage nach Bewertungskriterien ergeben und man trifft auf
ein Grundproblem, das man auch in der Wissenschaftstheorie oder in der
Wirtschaftstheorie findet: Das Problem der Referenz nach außen hin ist
fraglich geworden, d.h. man kann also nicht mehr
Objekte, Leistungen, wirtschaftlicher, erkenntnismäßiger, künstlerischer
Art an einer Entsprechung nach außen hin
messen, welche Qualität auch immer man dann zusätzlich noch
fordert, sondern das ganze Problem wird in die Differenz von
Selbstreferenz und Fremdreferenz verlagert. Es kommt also darauf an,
nicht nur sich selber, aber auch nicht nur etwas anderes zu bezeichnen,
sondern eine Kombination zu finden.
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Website
und Remix
Eine
Möglichkeit der Kombination von Selbst- und Fremdreferenzen ist der
in der Form einer Website. Die Website enthält dann nicht nur
die Herleitung der Entwurfsstrategie und
Denkfigur aus der Systemtheorie, die Klärung des konzeptuellen Inhalts,
die Analyse von Entwurfsstrategien und das Ansprechen von
Anknüpfungspunkten bezüglich der Bewertung von Architektur, sondern
versucht diese mit ausgewählten, überarbeiteten Studienarbeiten in
Beziehung zu setzen. Dieser Remix hat eine streng konzeptuelle
Ausrichtung: Die Überarbeitung der Studienarbeiten erfolgt nur unter
der Prämisse, untereinander Anknüpfungspunkte bereitzustellen, mit
denen die Arbeiten - Fremdbeobachtungen und Selbstbeobachtungen - in
eine Konstellation gebracht werden, in der die Entwurfsstrategie und
Denkfigur des ornamentalen
Entwerfens wieder aufscheint.
Solch
ein Remix lässt sich exemplarisch in der Form einer Website her- und
darstellen, da die Ordnung der Website
wie die Ordnung des gesamten Internets dem Prinzip der
Heterarchie folgt: Jeder Impuls wird nur in seiner Nachbarschaft
aufgenommen und weiterverarbeitet. "Nachbarschaft" ist dabei
nicht unbedingt räumlich zu verstehen, sondern topologisch im Sinne
einer Vernetzungsstruktur, die zu Impulsnachbarn macht, was für einen
Beobachter durchaus an vollkommen verschiedenen Enden eines Netzes
liegen kann.
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Der "link" übernimmt diese Verknüpfungsleistung;
er kann also eigene Arbeiten mit fremden Arbeiten verbinden. Er kann
aber auch innerhalb eigener Arbeiten neue Verknüpfungen herstellen:
Entworfenes wird mit Geschriebenen, Gesehenen, Gehörten oder Gelesenen
- alles zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen Anlässen
entwickelt - nun in eine neue Nachbarschaft gebracht und erzeugt neue
Schlüssigkeiten, neuen Sinn. Auch
hier geht es also um Anknüpfungspunkte, und wie das Ornament reagiert
auch das Netzwerk nur auf Impulse aus der Nachbarschaft, so daß alles,
was man etwa als Gesamtordnung beschreiben könnte, sich immer nur durch
den Filter der topologischen Nahordnungen zur Geltung bringen und
durchsetzen kann.
Ob
aber eine solche Arbeit gelingt und über ihren Status als Diplomarbeit
hinaus Sinn macht, wird sich darin zeigen, ob sie es vermag, neue
Anknüpfungspunkte jenseits dieses Status bereitzustellen oder ob sie
durch die Maschen des Internets durchfällt.
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