"Man könnte
vielleicht sagen: misslungen ist ein Kunstwerk, wenn ein Beobachter die
Kontrolle über das Zusammenspiel der Formen verliert; wenn er also
nicht mehr erkennen kann, wie eine Formwahl über das, was sie im
Kunstwerk weiterhin fordert, mit den anderen zusammenhängt. Aber das wäre
nur im konkreten Kunstwerk, also nicht unter Heranziehung von Prinzipien
und Regeln sichtbar zu machen. Die Antwort könnte deshalb darin liegen,
daß jedes Kunstwerk sein eigenes Programm ist und sich, wenn genau das
gezeigt werden kann, als gelungen und eben damit als neu erweist. Die
Programmatik durchdringt, könnte man sagen, das Einzelwerk, und erlaubt
dann kein zweites derselben Ausführung mehr. (...) Der Begriff der
Selbstprogrammierung löst die Probleme des traditionellen
Freiheitsverständnisses auf, indem er Freiheit auf selbsterzeugte
kognitive Vorgaben bezieht. Selbstprogrammierung soll nicht heißen, das
einzelne Kunstwerk sei ein autopoietisches, sich selbst erzeugendes
System. Man kann jedoch sagen: es konstituiere die Bedingungen seiner
eigenen Entscheidungsmöglichkeiten. Oder: es beobachte sich selbst.
Oder vielleicht genauer: es sei nur als Selbstbeobachter beobachtbar.
Nur wenn man erkennt, wie es die Regeln, nach denen sich die eigene
Formwahl richtet, aus eben dieser Formwahl entnimmt, kann man ein
modernes Kunstwerk adäquat beobachten" (Luhmann 1995.
S.328ff). |
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