Re-Konstruktion
Grundlage
ornamentalen Bewertens ist die Vorstellung von der Einheit des Entwurfes
als Prozess. Dieser
kann analytisch in einzelne
Entwurfsereignisse, den Entwurfsbeobachtungen, getrennt werden. Zur
leichteren Handhabung dieser unzähligen Entwurfsereignisse, werden die
Beobachtungen drei traditionellen Entwurfskomponenten zugeordnet, die
eine Sequenz bilden: (1) der Entwurfsaufgabe, (2) der Entwurfsstrategie
und (3) der Entwurfsdarstellung. Dabei markiert die Entwurfsaufgabe ein
Problem der Architektur und die Entwurfsstrategie bildet den
Beobachtungspunkt, von dem aus das Problem beobachtet wird. Die
Entwurfsdarstellung schließlich ist die letzte aus der
Entwurfsstrategie hervorgegangene, materialisierte Entwurfsbeobachtung.
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Die
erste Phase einer ornamentalen Bewertung ist deshalb die Rekonstruktion
des Entwurfsprozesses. Die Rekonstruktion beinhaltet die Sammlung von
Entwurfsmaterialien und ihre Zuordnung zu den drei
Entwurfsprozesskomponenten Entwurfsaufgabe, Entwurfsstrategie und
Entwurfsdarstellung. Direkt zur Verfügung stehen in der Regel die
Entwurfszeichnungen und der Erläuterungstext für die
Entwurfskomponente Entwurfsdarstellung und Auslobungstexte,
Raumprogramme, übergeordnete Rahmenpläne für die Entwurfskomponente
Entwurfsaufgabe. Die Entwurfsstrategie wird nur selten explizit für
einen Entwurf ausformuliert und muss deshalb aus anderen, vergleichbaren
Entwürfen oder anderen Äußerungen des Entwerfers abgeleitet werden.
Eingerahmt werden diese Materialien durch den spezifischen zeitlichen
Kontext, in dem der Entwerfende den Entwurf produziert hat. Die Berücksichtigung
des zeitlichen Kontextes bezieht sich auf die Biografie des Entwerfers,
d.h. auf das spezifische In-der-Welt-Sein des Entwerfenden. Das berücksichtigt
zum einen die Relation des Entwurfes zu anderen Entwürfen des
Entwerfers und zum anderen zu Entwürfen anderer Entwerfer. Das
In-der-Welt-Sein beschränkt sich natürlich nicht nur auf Verknüpfungen
mit Entwürfen, sondern zu allen Phänomenen in der Welt. Aufgabe einer
entwurfsprozessorientierten Analyse ist es deshalb, alle Phänomene
zusammenzutragen, die den Entwurfsprozess orientiert bzw. irritiert
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Solch
eine genealogische Analyse muss sich natürlich immer bewusst sein, daß
auch sie in einem zeitlichen Horizont gestellt ist. Auch der
Analysierende ist als Beobachter zweiter Ordnung gegenüber der
Unterscheidung, die er verwendet, um zu beobachten, blind. Aber als
Beobachter zweiter Ordnung kann er die Beobachtungen der Entwerfenden
thematisieren und größere Auswahlbereiche erfassen. Dadurch besteht für
ihn auch die Möglichkeit, den grundlegenden Entwurf von Architektur
hinter dem konkreten Entwurf herausarbeiten. Er kann herauszuarbeiten
versuchen, welche abstrakte Vorstellung von Architektur der Entwerfende
benutzt, um konkrete Architektur zu entwerfen. Es ist die Frage nach der
Frage, die der Entwerfende an die Architektur stellt: Welche Antwort
versucht der Entwerfende auf die Frage nach dem Daseins-Sinn von
Architektur zu geben, wie interpretiert er die Frage nach der Funktion
von Architektur? Neben dem Verständlichmachen der Ausdifferenzierung
von grundlegenden Entwürfen der Architektur, besteht der funktionale
Sinn von entwurfsprozessorientierten Analysen in dem Bereitstellen von
entwurfsimmanenten Bewertungskriterien für die zweite Phase der
ornamentalen Bewertung.
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