Vorgriffe

In der dritten Operation meines Erläuterungsberichtes, dem Vorgriff, möchte ich drei Anwendungsbereiche für ORNAMENTALES ENTWERFEN ansprechen, um die Leistungsfähigkeit dieses Instrumentariums aufzuzeigen. In dem ersten Vorgriff untersuche ich den lehrenden Hochschulbereich, in dem zweiten Vorgriff den Arbeitsmarkt-Bereich und in dem dritten Vorgriff untersuche ich den wissenschaftlich-forschenden Bereich.

Vorgriff_1

Lassen Sie mich für die erste Anknüpfung folgende Situation annehmen: Der Architekturstudent legt während seines gesamten Studiums alle Arbeiten, die er angefertigt hat (Entwürfe, Protokolle, Vortragsmanuskripte, Exkursionsberichte etc.) in einem persönlichen Ordner auf dem Hochschulserver in Form einer Website, wie ich sie etwa in meiner Diplomarbeit beschrieben habe, ab. Dies bedeutet nicht, daß der Student sämtliche Arbeiten mit dem Computer anfertigt. Das Erstellen und Präsentieren des Originalentwurfes ist davon völlig unberührt. Lediglich für die persönliche Website auf dem Hochschulserver muss dann später das Material entsprechend dem Medium neu bearbeitet werden. Die dazu notwendigen technischen Grundkenntnisse sind in einem Übungs-Seminar des ersten Semesters vermittelt worden. Dieser Ordner auf dem Hochschulserver entspricht einem virtuellen, persönlichen

 "Arbeitsspeicher". Aus diesem sukzessive angefüllten Arbeitsspeicher entnimmt der Student am Ende seines Studiums ausgewählte Arbeiten und stellt einen Werk-Genese-Bericht über seine während des Studiums angefertigten Arbeiten her. Mit dieser virtuellen Bewerbungsmappe und dem klassischen Exposé der Diplomarbeit bewirbt sich der Student für die Zulassung zur Diplomprüfung. Prüfungsgegenstand ist neben der neu anzufertigenden Diplomarbeit auch dieser Werk-Genese-Bericht mit seinen darin befindlichen Arbeiten. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird diese virtuelle Bewerbungsmappe auf dem Hochschulserver archiviert und mit anderen Arbeiten vernetzt - alle anderen Daten werden gelöscht.

Ich möchte im folgenden kurz die Punkte herausstellen, die sich von der jetzigen Situation unterscheiden, denn es besteht ja schon ein solcher Hochschulserver, mit der Möglichkeit, eigene Arbeiten dort abzulegen und zu veröffentlichen. Und auch die von mir projizierte Prüfungsordnung ist ja nicht sehr weit von der Prüfungsordnung des Fachbereichs Industrial Design entfernt.

(1) Die sukzessive Herstellung der Website als eine ständige studienbegleitende Übung soll dem Studenten von Anfang an die Möglichkeit geben, durch die notwendige Überarbeitung des Materials im Hinblick auf die Website von seinen eigenen Arbeiten Abstand zu gewinnen. Erst wenn der Student als Produzent seiner Arbeit ganz bewusst und mit Abstand in die 

Beobachterposition der zweiten Ordnung tritt, kann auch das Reflexionspotential - und damit ist zuerst einmal das Selbstreflexionspotential gemeint - erhöht werden. Er wechselt von der Akteurs- zur Zuschauerperspektive. Die Notwendigkeit begrifflich über seine Arbeit reflektieren zu müssen, erhöht auf der anderen Seite auch die allgemeine Sprachfähigkeit/Kommunikationsfähigkeit im Architekturbereich. Dabei wird die Frage nach Bewertungskriterien immer wieder von neuem aufgeworfen.

(2) Bei der Herstellung der Website liegt der Schwerpunkt eindeutig - wie ich mit meiner Arbeit deutlich gemacht habe - auf der Werkgenese. Damit gehört der klassische Werkbericht mit einer lediglich chronologischen Aneinanderreihung von Projekten der Vergangenheit an. Die Konstruktion einer sinnhaften Vernetzung der eigenen Arbeiten und Erfahrungen steht bei dieser Art von Arbeit eindeutig im Vordergrund.

(3) Andererseits sollen diese eigenen, vernetzten Arbeiten wiederum mit anderen Netzarbeiten anderer Studenten verknüpft werden und mit der Zeit eine komplexe Datenbank aufgebaut werden. Das erfordert wieder neue Strukturen, über die man sich verständigen muss.