Das Programm als Programm

In der Diplomprüfungsordnung der Hochschule für bildende Künste Hamburg vom 17. Februar 1987 heißt es unter §19 zur Diplomarbeit: 

"In der Diplomarbeit soll der Kandidat zeigen, daß er selbständig Probleme der Architektur und der Stadtplanung formulieren, kritisch reflektieren und nach wissenschaftlichen und künstlerischen Methoden bearbeiten und lösen kann". 

In der Diplomarbeit "ORNAMENTALES ENTWERFEN - Systemtheoretische Beobachtungen architektonischer Entwurfsprozesse - Eine Website" möchte ich das Hauptproblem der Architektur und der Stadtplanung formulieren, kritisch reflektieren und nach wissenschaftlichen und künstlerischen Methoden bearbeiten - aber sicherlich nicht lösen -, denn das Problem der Architektur und der Stadtplanung besteht darin, sich zuwenig selbst als Problem zu sehen.

Zu sehr wird Architektur und Städtebau als eine Technik verstanden, die architektonische und städtebauliche Probleme löst. Was aber ist ein architektonisches Problem oder ein städtebauliches Problem? Eines, was man mit Architektur oder Städtebau lösen kann? Man dreht sich im Kreise, wenn man nicht viel vorher mit der Fragestellung ansetzt und ganz kompromisslos fragt:  

Was ist Architektur?
Was ist Städtebau?

Dies ist keine einfache Frage, schließlich muss die alte metaphysische Konstruktion des Architektonischen als eine Synthese des Welt Habens und des Welt Darstellens vor dem Hintergrund einer jeweils autonomen Ausdifferenzierung von Technik, Ethik und Ästhetik zur Disposition gestellt werden. D.h. wenn die Einheit des gesellschaftlichen Welt Habens durch diese funktionale Ausdifferenzierung grundsätzlich zur Frage steht,  erscheint es als sinnvoll, Architektur nun selbst als ein Problem zu sehen.

In den letzten Jahren tritt deshalb verstärkt die Wie-Frage in dem Architekturdiskurs auf: Nicht mehr  "Was ist Architektur?" oder "Was ist Städtebau?" sondern

"Wie ist Architektur?"
"Wie ist Städtebau?" 

Man beschäftigt sich mit dem Prozess des Entwerfens, dem Generieren von Formen, und entsprechend wichtig wird dadurch die verwendete Entwurfsstrategie. Entwurfsstrategien bezeichnen das Instrumentarium, mit dessen Hilfe der Architekt zu seiner Form gelangt und zugleich den Versuch, sich von diesem Instrumentarium und seiner Anwendung zur Steuerung des Entwurfsprozesses einen Begriff zu machen. 

Sie bezeichnen die methodische Disziplin, die sich der Architekt selbst auferlegt, und den Versuch, in dem Entwurfsprozess eine gewisse methodische Stringenz zu erkennen.

ORNAMENTALES ENTWERFEN ist nicht nur die Bezeichnung für eine , sondern auch für eine Denkfigur im allgemeinen, die sich im Laufe meines Studiums immer stärker herauskristallisiert hat. In der hier als Website vorliegenden Diplomarbeit möchte ich diese Entwurfstrategie, diese Denkfigur exemplifizieren. Dies beinhaltet (1) die Herleitung aus der Systemtheorie, (2) die Klärung des konzeptuellen Inhaltes und (3) das Ansprechen von Anknüpfungspunkten bezüglich der Bewertung von Architektur. 

Für die Form der Diplomarbeit wurde eine Website gewählt, da sich ihre Struktur und die Struktur des Internets im allgemeinen mit dem Konzept des ornamentalen Entwerfens exemplarisch decken.